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Die Zukunft von MAN

Alexander Vlaskamp, CEO der MAN Truck & Bus AG, spricht in einem Exklusivinterview mit Gianenrico Griffini, Präsident der International Truck of the Year Jury, sehr offen über die momentane Situation des Unternehmens, seine Zukunftsvision für MAN und gibt einen Ausblick auf die Highlights, die auf der IAA Transportation zu sehen sein werden.

Sehr geehrter Herr Vlaskamp, seit vergangenen November zeichnen Sie bei MAN als Vorstandsvorsitzender verantwortlich. Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft des Unternehmens aus und wie würden Sie die aktuelle Lage des Unternehmens in dieser herausfordernden Zeit für die gesamte Branche beschreiben?

Bereits zu Beginn meiner Tätigkeit war mir klar, dass das Unternehmen vor verschiedenen Herausforderungen stand. Natürlich hatte die COVID-Pandemie Auswirkungen, aber auch die Herausforderungen in der Lieferkette waren bereits ein Thema. Das Unternehmen hat aber auch eine starke neue Strategie: die neue MAN-Strategie. Diese beinhaltet als ersten Schritt Grundlagen zu schaffen, die uns dabei helfen sollen, ein starkes und anpassungsfähiges Unternehmen zu werden. Während des gesamten Konjunkturzyklus stark und anpassungsfähig zu bleiben, bedeutet, dass wir unseren Aktionären tatsächlich nachhaltige Rentabilität bieten können und auch sicherstellen, dass wir diese Rentabilität beibehalten, um in unsere Produktentwicklungen zu reinvestieren.
Die Stärke von MAN ist nicht nur für unsere Aktionäre wichtig, sondern insbesondere auch für die Zukunft unserer Kunden. Wir wollen sichergehen, dass wir unseren Kunden auch in Zukunft die passenden MAN Produkte und Services bieten können. Andererseits blicken wir natürlich auch in die Zukunft.
Das bedeutet für uns ein Fokus auf Digitalisierung und sicherzugehen, dass all unsere Fahrzeuge und Services verknüpft sind. Als dritten Fokus wollen wir die Elektrifizierung vorantreiben.
Zu Beginn haben wir uns vorallem auf elektrische Busse und Vans fokussiert, hier haben wir nun die komplette City-Range abgedeckt, inklusive unserem E-Chassis das wir vor kurzem auf den Markt gebracht haben, Schwerpunkt liegt hier auf den Exportmärkten außerhalb Europas. Wir haben uns das Vertrauen der Kunden erarbeitet, in vielen Städten Europas und auch weltweit sind wir bereits vertreten, insgesamt sind über 1.000 Einheiten in den Auftragsbüchern verzeichnet.


Der nächste Schritt ist nun, natürlich die Entwicklung des autonomen Fahrens. Dazu haben wir verschiedene Projekte laufen, eines davon war das Platooning Projekt. Ein anderes der Hub-Betrieb in Hamburg. Das dritte Projekt läuft in Zusammenarbeit mit dem Frachtzentrum der Deutschen Bahn. Der Lkw liefert einen Container, dieser wird von einem Kran automatisch aufgehoben und der Lkw findet seinen Weg aus dem Container Hafen wieder komplett autonom. Ebenfalls ein Zukunftsthema, das wir bereits auf einer Teststrecke zwischen München und Ingolstadt testen dürfen, ist der Einsatz von Level 4 autonomen Fahrzeugen auf Autobahnen.

Kommen wir zurück ins Hier und Jetzt. Wie haben Sie die Probleme überwunden, die durch Komponentenknappheit, Produktionsunterbrechungen und steigende Rohstoffpreise entstanden sind?

Wir hatten einen guten Start in dieses Jahr, denn zu Beginn des Jahres waren Verbesserungen im Bereich der genannten Knappheiten zu erkennen, insbesondere im Bereich der Halbleiterchips. Dann kam der russische Angriffskrieg in der Ukraine, von dem MAN betroffen wurde, weil unsere Kabelbaum
Produktion zu einem kompletten Stillstand kam. Somit lag auch die Lkw Produktion für sechs Wochen still. Die Busproduktion, sowie die Produktion externer Maschinen konnte weiterlaufen, aber die fehlende Lkw Produktion war für uns natürlich nicht leicht wegzustecken. Umso glücklicher sind wir jetzt, da die Fabriken in der Ukraine wieder laufen, natürlich unter allen nötigen Sicherheitsmaßnahmen für die Mitarbeiter. 

Trotz allem?

Ja, trotz allem. Aktuell investieren wir 40 Millionen Euro in den Bau von Anlagen in anderen Ländern, um die Produktion auch weiterhin sicherstellen zu können. Wir fühlen uns natürlich verantwortlich für unsere Mitarbeiter in den Anlagen, aber wir tragen auch Verantwortung gegenüber unseren Kunden, sowie auch gegenüber unseren anderen Mitarbeitern die beispielsweise im Lkw Bau tätig sind. Natürlich hoffen wir auf eine friedliche Lösung der Situation.



Die neue Truck Generation ist bereits vom Zeichenbrett aus zukunftsorientiert. Können Sie die Roadmap von MAN in Richtung Elektrifizierung skizzieren?

Sehr gerne: Bis zum Jahr 2024 werden wir, nachdem wir die Serienproduktion gestartet haben, etwa 200 elektrische Schwerlastwagen produziert haben. Dort setzen wir 2024 an. In den darauffolgenden Jahren 2025 & 2026 müssen wir dann die Volumina hochfahren. Was wir aktuell machen, ist unsere Busse, zusammen mit unseren 60 eTGM, die bereits auf den Straßen getestet werden, intensiven Sommertests zu unterziehen. Danach kommt das Winter Testprogramm, in dem alle Parameter nochmals genau getestet werden. Um dann wie geplant bis 2024 die komplette Produktpalette verfügbar zu haben und 2025 die Stückzahlen zu erhöhen müssen alle Anlagen laufen. Aus diesem Grund haben wir bereits angekündigt etwa 100 Millionen Euro in die Batteriefabrik in Nürnberg zu investieren. 

Könnte man also sagen, diese Dinge „in-house“ zu behandeln ist eine Priorität?

Es ist auf jeden Fall eine wichtige Komponente für uns, Dinge wie die Batterieproduktion intern zu haben, denn dadurch bleiben wir flexibel, was insbesondere aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Fahrzeugen wichtig ist. Auf diese Flexibilität werden wir bauen. Auch unsere Kapazitäten im Bereich der Sicherheit werden wir erweitern, so wird in München beispielsweise seit vergangenem Jahr unser E-Mobility Zentrum gebaut. Dort haben wir eine kleine Produktionslinie, in dieser stimmen wir die Herstellung von batterieelektrischen Fahrzeugen und Verbrenner Fahrzeugen aufeinander ab. In Zuge dessen haben wir eine Methode gefunden, mit der wir herkömmliche Verbrenner Lkw und batterieelektrische Lkw in derselben Produktion bauen können. Das ist in unseren Augen sinnvoll, da aktuell niemand vorhersagen kann, wie sich die Nachfrage nach batterieelektrischen Fahrzeugen im Vergleich zu Dieselfahrzeugen entwickeln wird.

In Hinblick auf den aktuellen Bruch in der Wirtschaft, denken Sie, dass dieser den Dekarbonisierungsprozess verlangsamen wird? Die EU geht auf jeden Fall in diese Richtung, natürlich muss man aber, insbesondere im Sinne verschiedener Gesetzgeber flexibel bleiben. Glauben Sie, dass die aktuellen wirtschaftlichen und internationalen Probleme die Fristen und Strategien der EU in Bezug auf die Dekarbonisierung des Straßenverkehrs beeinflussen werden?

Insbesondere die geopolitische Krise und der Krieg in der Ukraine sind globale Krisen, denen wir entgegenblicken. Ich hoffe, dass wir für diese eine Lösung finden werden. Auch die drohenden Nahrungsmittelengpässe und das noch bedrohlichere Problem der globalen Erwärmung müssen wir lösen. Ich hoffe, dass gewisse Politiker, einer insbesondere, in Bezug auf die erste angesprochene Krise einsichtig werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Probleme den Fokus von unserem Bedarf nach CO2 neutraler Energie verschieben, sei es elektrische Antriebe, Wasserstoff oder andere Möglichkeiten. Daraufhin werden sich in diesen Bereichen Lücken bilden. Wir haben die Produkte und die Ladeausrüstung, diese bekommt aber nicht die Menge an Energie, die benötigt wird, weil diese schlichtweg noch nicht über unsere Netze verfügbar ist.
Hier liegt der Risikofaktor. Somit ist es wichtig sowohl die EU-Kommission als auch die Mitgliedsstaaten in die Pflicht zu nehmen, damit in das Netz investiert wird. Die Stabilität des Stromnetzes ist eine Voraussetzung.

Sehen Sie ein signifikantes Wachstum des Mehrwerts der Services durch Konnektivität? Ich erinnere mich, dass ich vor einigen Jahren ein Interview mit dem ehemaligen CEO von Scania geführt habe, indem er sagte, er wolle 30 % des Umsatzes des Unternehmens mit digitalen Services erreichen. Wie sehen Sie das?

Wir sehen auf jeden Fall, dass der Bedarf dafür von Seite unserer Kunden, die sich wiederum mehr nach ihren Kunden richten wollen, vorhanden ist. Hier geht es nicht darum, den Fokus darauf zu legen, wie Trucks, Flotten und Trailer serviciert werden, sondern es geht darum, wie sie ihre Fahrzeuge am effizientesten einsetzen können, was wir durch die Konnektivität ermöglichen können, denn durch diese können die Disponenten ihre Routen effektiver planen.
Wir sehen auch Wachstum im Service Bereich, tatsächlich lag dieses im vergangenen Jahr sogar im zweistelligen Bereich, in diesem Jahr, bis heute bereits bei 14 Prozent. Das ist wirklich ein beträchtliches Wachstum. Unser Ziel ist es, ein Drittel unseres Geschäfts über das Service Geschäft abzudecken. Das ist ein Ziel, das wir zusammen mit unseren Händlern anstreben. 

Nun zur letzten Frage: Wie lassen sich die Synergien innerhalb der TRATON-Gruppe beschreiben? Sind Sie mit den bisher erzielten Ergebnissen zufrieden? 

Auf jeden Fall. Was wir aktuell sehen und in den kommenden Jahren weiterführen möchten ist die Einführung unseres zukünftigen Antriebsstrangs. Hier sprechen wir von einer gemeinsamen Basis in Hinblick auf Motor, Getriebe und Hinterachse, diese Entwicklung wurde mit der Scania Gruppe gestartet. Bis 2023 wird diese auch bei Navistar international eingeführt und bis zum Jahr 2025 auch bei MAN. Wir werden eine gemeinsame Basis Antriebslinie haben werden, aber mit unseren eigenen Details. Ein MAN Kunde wird seinen MAN immer als solchen erkennen können. Wir werden den MAN Motor in Nürnberg
produzieren, wo gerade 170 Millionen in ein neues Motorenwerk investiert wird. Die Zeit des Verbrenner Motors ist also noch bei weitem nicht vorbei. Zeitgleich bauen wir eine neue Matrix Organisation innerhalb der Gruppe, die das Rückgrat der Operation sein soll. Hier sollen sich unterschiedliche Abteilungen um alle vier Marken kümmern, sei es im Bereich der Fahrerhaus- und Fahrwerksentwicklung oder Motoren- und Komponentenentwicklung für die Elektromobilität oder unsere Busse.


Herzlichen Dank für das Gespräch!

05.09.2022

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